Neuseeland: Paradies am anderen Ende der Welt - Teil 2 Südinsel 2011
Fortsetzung von: Neuseeland: Paradies am anderen Ende der Welt - Teil 1 Nordinsel 2011
Diese Beiträge wurden uns von Roland Bischof (www.rolandbischof.de) gesendet.
Cook Strait – Überfahrt von der Nord- zur Südinsel
Nur gut, dass wir gestern vorsichtshalber zur Fähre gingen, denn es wäre die falsche gewesen. Es gibt nämlich zwei Unternehmen, die die 96 km zwischen den beiden Inseln bedienen. Unsere, die „Interislander“, geht etwa 3 km nördlich in der Nähe des Stadions ab.
Den nächsten Tag eingecheckt – gebucht hatten wir bereits von Deutschland aus – verabschiedeten wir uns von der hübschen Skyline Wellingtons. Für mich als Stadtmensch die Stadt Neuseelands, wo ich am ehesten mein Zelt aufschlagen würde.
Außergewöhnlich ruhig verlief die sonst raue Passage, die 1770 James Cook durchsegelte. Der befürchtete Tanz auf den Wellen blieb diesmal aus. Ich hatte also umsonst die Tüten geordert. Nur das Wetter zeigte sich heute leider von seiner trüben Seite. Die Fähre, in keiner Weise vergleichbar mit Norwegens ColorLine, durchläuft die Cook Strait und begeistert den Passagier durch die vielen Inseln und schmalen Passagen. Der Norwegenkenner erinnert sich sofort an den Oslofjord, nur hier wartet man keine 10 Jahre auf einen Bootsanlegeplatz, denn die Natur ist fast unberührt.
Kaikoura – Wale und Delphine
05:30 Uhr riss uns eine Stimme aus dem Schlaf. Es war die aufdringliche Dame vom Handy. Ach ja, wir hatten doch tags zuvor die Whale Watch Tour fix gemacht. Schnell Herberts Nachtlager umgeräumt und ab zum Duschen. Als wir wie vereinbart 06:45 Uhr am Check in auftauchten, saßen die anderen bereits zur Einstimmung vor einem Monitor und erfuhren Wissenswertes über die größten Säugetiere unserer Erde.
30 Minuten später kam dann endlich das „Go“ und los ging‘s. Wir wurden zum Pier gefahren und bestiegen erwartungsvoll einen High-Speed-Katamaran. Das Dröhnen der kraftvollen Motoren war das Startsignal für den Ritt auf den Wellen hinaus in das Revier der Pottwale. Der erste Stopp war nur eine Enttäuschung. Kein einziger Gigant war zu sehen. Der Kapitän, ein Maori, versuchte dann mit einem Unterwassermikro, das er an einem langen Stab befestigt hatte, die Wale zu orten. Bei jedem Stopp wurden unsere Gesichter immer länger und hatten mittlerweile fast das Ausmaß des Mikrostabes. Etwas weiter hatte ich einen im Ozean treibenden Baumstamm im Visier. Als nach einigen Minuten der dunkle Stamm eine Fontäne ausstieß, kannte der Jubel keine Grenzen. Jetzt taucht er gleich in die Tiefe und seine Fluke wird zum Abschied winken.
Diesen Zeitpunkt darf der Fotoenthusiast nicht verpassen, aber bei der Trägheit der Kamera ein schwieriges Unterfangen. Glück, alter Schwede, Du hast’s nicht verpennt. Jetzt taucht der Zahnwal etwa 45 Minuten zur Nahrungssuche in die Tiefe und wird hoffentlich seine Lieblingsspeise, den Riesenkalmar, finden.
Übrigens, hätten wir keinen Pottwal zu Gesicht bekommen, wären 80% des Ticketpreises an uns zurück geflossen. Also leistungsabhängiges Gehalt bewirkt oftmals Wunder und wäre auch für manch‘ deutschen Beamten sicherlich förderlich.
Wesentlich schneller konnte unser Maori-Käpt’n eine Schule von Dusky-Delphinen orten. Es ist schon ein Vergnügen, diesen verspielten ca. 1.80 m großen Geschöpfen zusehen zu dürfen. Mit Mehrfach-Überschlägen gewinnen sie unsere Sympathie und lassen unser Herz höher schlagen. Dennoch werde ich den Verdacht nicht los, dass hier ein Lehrer Pate gestanden hat…
Pancakes – Pfannkuchenfelsen der steinernden Art
Uns hätte das Herz geblutet, wären wir wegen des wechselnden Wetters nicht nach Punakaiki gefahren. Den ersten Regen während unserer Reise erlebten wir Gott sei Dank in der Nacht. Es schüttete gewaltig. Doch am Morgen vertrieb der Wind die Wolken. Schon die Küstenstraße von Greymounth aus dorthin glänzt mit einer dramatischen Kulisse. Im Ozean stehen Felsengebilde, an denen sich die gewaltigen Wellen brechen. Durch die oft feuchte Witterung entstand hier subtropischer Urwald mit dem Markenzeichen der zahlreichen Nikau-Palmen. An den Pancakes selbst führt ein beeindruckender Rundweg (45 Min. mit Fotostopps) entlang. Kalksedimente und Tonmineralien, vor Jahrmillionen übereinandergeschichtet, werden von Wellen und Wind bearbeitet und dank der verschiedenen Materialien erodieren sie unterschiedlich. Das Ergebnis sind die „Berliner“, auf die aber jemand getreten sein muss, so platt sind sie. Die Tasman Sea mit ihrer Urgewalt höhlt unter donnerndem Getöse die Gebilde aus und schafft so blowholes, aus denen die Gischt meterhoch empor zischt. Voraussetzung für dieses Schauspiel sind zwei Dinge: eine High-Tide und starker Seegang. Leider verweigerte sich die Tasman Sea als wir dort weilten. Aber auch so ist diese Landschaft ein Muss. Wir zogen weiter über Hokitika, schlechthin die Stadt der Jade. 9 km weiter liegt der Lake Mahinapua, wo man sein Nachtquartier nicht besser betten könnte und dazu noch kostenlos. Bis zu unserem heutigen Ziel dem „Franz Josef Glacier“ waren es dann doch noch reichlich Kilometer, aber der SH 6 bietet viel Interessantes.
Franz Josef Glacier – dem Kaiser auf die Krone geflogen
Am Abend zuvor hatten wir auf dem Campsite noch schnell einen Helikopter Rundflug über den Franz Josef Glacier gebucht. Nur gut, denn am nächsten Morgen prasselte die Sonne. Kaiserwetter und Kaiser Franz Josef – das passt doch irgendwie zusammen. Also hin zur Basis und ab ging‘s in die Lüfte. Wir waren noch nie mit einem Heli geflogen und somit wirklich sehr gespannt. Entweder war Regines Lächeln so hinreißend oder wir hatten einfach nur Glück, denn wir durften beide neben dem Piloten Platz nehmen. Es ist schon ein unglaubliches Gefühl vom Boden langsam abzuheben. Wir kamen uns vor als säßen wir in einem Spielzeug-Hubschrauber.
Und jetzt begann großes Kino. Der sehr junge Pilot steuerte den Heli die Gletscherzunge hinauf. Wir tauchten kurz in ein paar Wölkchen ein. Als wir wieder auftauchten erblickten wir ein grandioses Panorama. Wow! Vor uns lag die Gruppe der drei bekanntesten Glaciers: Franz Josef, rechts daneben der Fox und etwas dahinter der legendäre Mount Cook, Neuseelands höchster Gipfel. Einfach atemberaubend.
Wir landeten auf dem Franz Josef mitten im ewigen Eis mit einer Bühne, die film-reif ist. Als der Pilot uns fragte, wie es uns denn gefallen hätte, sagten wir kurzerhand, dass wir den letzten Heli zum Rückflug nehmen wollten. Ein lächelndes Kopfschütteln von ihm zeigte, dass er die Antwort verstanden hatte.
Zurück ließ es sich der junge Pilot nicht nehmen und flog knapp an den bewaldeten Felsengruppen entlang. Auch die von ihm inszenierte Schaukelei gehörte zur Show. Wir waren uns einig: Das Geld war für die 30 Minuten wirklich gut angelegt.
Gegen Mittag ging es dann auf dem SH6 zum Wanaka Lake, wo wir unseren Herbert auf einem wunderschönen DOC-Campingplatz parkten.
Queenstown – Adrenalin pur
Die wahre Freude ist die Fahrt Richtung Queenstown. Wir nahmen die Route über die Crown Range (89), mit 1200 m der höchste Pass Neuseelands. Ein schwindelerregender Blick gibt die Sicht frei auf das Tal des Wakatipu-Sees, die Kararau-Schlucht und den Lake Hayes. Serpentinen prägen die Abfahrt ins Tal. Herbert stöhnte ab und zu auf dieser kurvenreichen Traumstrecke, nahm es aber doch gelassen hin.
In Queenstown – die Adrenalin-City schlecht hin – rückten wir in den Holiday Top 10 Park ein und waren überrascht über Lage und Qualität. Meine Frau gab ihm die Note 1. Preisintensiv ist dieses Zentrum der Verrückten allemal, denn überall locken gepfefferte Offerten. Wir wollten wieder in die Lüfte und buchten Tandem-Hang-Gliding. Uns war schon recht mulmig, war es doch das erste Mal in unserem Leben. Wir wurden per Auto abgeholt und zum Coronet Peak hochgefahren. Dort angekommen dachte ich, schaust du dir die Absprungpiste an oder nicht? Ich konnte mich überwinden und ging vor zum Absprung. Nur gut, denn es war wirklich keine Klippe wie in mancher Shampoo-Werbung, sondern es ging moderat bergab. Als erste musste Regine ran – sie wollte die Augen beim Anlaufen schließen – und ab ging’s in die Lüfte. Problemlos gleitete sie mit ihrem Piloten dahin. Das gab auch mir Mut und ich rannte, was das Zeug hielt, vor meinem Piloten her. Alsbald hoben wir ab und gewannen schnell an Höhe. Riesig! Ein tolles Gefühl mit fremden Flügeln an einem Berghang dahin zu schweben.
Petr steuerte unser Gefährt immer so, dass wir Regine und Jan immer mal kreuzten – natürlich ein paar Meter über ihnen. Es waren 15 wunderbare Minuten und in keiner Phase hatte ich irgendwelche Bedenken. Im Gegenteil, Petr schien zu spüren, dass es mir viel Freude macht und ließ nun die Sau raus. Wir schaukelten jetzt von links nach rechts und hatten beide jede Menge Spaß daran. Von 1600m Höhe langsam wie ein Albatros zu gleiten ist schon ein tolles Gefühl. Die Landung klappte problemlos und es wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein auf diese Art unterwegs zu sein.
Am Morgen fuhren wir zum Shot-River. Hier liegt das Eldorado der knallroten Jet Boats und ihrer nach Nervenkitzel hungrigen Gästen. Das Geräusch eines Hornissenschwarms kündigt die über 60 km/h dahin jagenden Boote an. Nur wenige Zentimeter an den Felswänden vorbei und urplötzlich den Jet herumreißend, beeindruckt der Pilot seine Mannschaft. Wer da ein schwaches Nervenkostüm hat oder kein Vertrauen zum Steuermann aufbauen kann, der sollte diesen Kick lieber auslassen. Ganz billig ist die Sache nicht, aber wenn man den Bootspreis (115.000,- Dollar) kennt, dann verwundert dies nicht. Wie das Bungeespringen so ist auch das Jet Boat in Neuseeland geboren worden.
Dunedin – eine schottische Stadt und Pinguine, Königsalbatrosse auf der Halbinsel Otago
Was war denn das? Regen am Morgen, das hatten wir doch die ganzen 2,5 Wochen nicht. Da passte es gut, auf die Peninsula Otago zu fahren, um dort die Gelbaugenpinguine und die grandiosesten Segler der Welt, die Royal Albatrosse, zu beobachten. Wir hatten eine Tour mit dem Department of Conservation – eine Organisation, die sich dem Schutz der Natur verschrieben hat – gebucht und fuhren mit einem abenteuerlichen Kleinbus ins Schutzgebiet. Als wir ausstiegen fühlte ich mich in meine Armeezeit zurück versetzt, denn überdachte Schützengräben taten sich vor uns auf. Dass die Dinger auch etwas Gutes haben könnten, hätte ich nicht für möglich gehalten, aber hier sind sie sinnvoll, denn die Besucher können getarnt den aufrechten uns Menschen ähnlichen Watschelgang der 65 cm großen Vögel genießen. Wir hatten Glück und sahen auch Jungtiere.
Die waren auch etwas weiter auf Taiaroa, der Spitze der Halbinsel, bei den Albatross-Paaren (Schlüpfzeit Januar/Februar) zu sehen. Das Gebiet dort ist hermetisch abgeriegelt. Man will damit in erster Linie die bis zu einer Spannweite von 3 m großen Vögel vor Katzen, Hunden, Ratten und Possums schützen. Die Kolonie umfasst ca. 150 Vögel. Nirgendwo sonst auf unseren Planeten nisten die Royal Albatrosse so nah zu uns Menschen wie auf Taiaroa Head. Die meiste Zeit verbringen sie auf See und von hier fliegen die wohl größten Seevögel der Welt bevorzugt nach Südamerika, weil dort der Fischbestand sehr hoch ist. Und nun ratet mal, wie viel Tage sie dazu brauchen? Man glaubt es nicht – ganze 8 bis 10 Tage…
Am Nachmittag ging‘s dann zum Dunedin Railway Station, dem wohl schönsten Bahnhof der Welt. Der in Lebkuchenarchitektur errichtete und innen mit Porzellanmosaiken, die eine Lok abbilden, verzierte Bahnhof ist wahrlich eine Augenweite.
Züge verkehren zwar nur selten, aber der „Taieri Gorge Railway“, ein Erlebniszug, macht hier Station.
Station machten hier vor über 150 Jahren die Schotten, die diese Stadt gründeten. Wir hatten das Vergnügen am Octagon, ein grüner achteckiger Platz, den Wettstreit einiger Dudelsack-Formationen zu erleben.
Zwischen Dunedin und Christchurch – Tunnel Beach und Moeraki Boulders
Good Morning! Wow, die Sonne lacht wieder, der starke Wind hat die Wolken über Nacht vertrieben. Auf zum „Tunnel Beach“ (südlich von Dunedin), wo uns ein besonders beeindruckter Küstenabschnitt erwartetete. Da hatte doch ein gut betuchter Mann namens Cargill eine Vision. Er wollte, dass seine holde Weiblichkeit trockenen Fußes zu einem von steilen pittoresken Felsen umrahmten Traum-Sandstrand gelangen konnte. So ließ er 75 Treppenstufen (Regine hat diese gezählt) in einen Schlund bauen und konnte damit die Damen beeindrucken.
Was er dann dort getrieben hat entzieht sich unserer Kenntnis. Nur ewig durften die süßen Stunden nicht dauern, denn die kommende Flut schloss dann den einzigen Rückweg.
In Richtung Oamaru – Mann, wie ich diese Ortsnamen liebe – am Strand von Moeraki liegen viele riesige Steinkugeln herum. Das Meer spülte sie aus den Uferböschungen heraus. Wie man sagt, seien sie vor Millionen Jahren auf dem Meeresgrund durch chemische Zersetzungsprozesse entstanden. Mit kindlicher Phantasie kann man sich durchaus vorstellen, dass hier einmal Riesen lebten, die um sich die Zeit zu vertreiben am Strand mit den Kugeln Bowling spielten. Die Riesen sind längst ausgestorben, die riesigen Kugeln aber liegen noch…
Christchurch – eine Stadt bebt
Nun war es doch soweit, unsere letzten Tage standen vor der Tür und wir trafen in der Stadt ein, der man das englische Gesicht nachsagt. Und tatsächlich die neogotische Kathedrale offenbart dies geradezu deutlich. Christchurch hat sich ein grünes Gewand angelegt und glänzt mit Gärten und Parks. Die Vorgärten vor den Holzhäusern sind eine Augenweide. Wer Lust zur Romantik verspürt, kann sich sogar von einem Gondoliere über den Avon-River schippern lassen.
Natürlich gehört zu jeder Stadt eine Shoppingmeile und wenn’s ans Abreisen geht, dann ist oftmals die Zeit der Mitbringsel gekommen. Vorher hat man die Gleichen schon zig-mal gesehen, aber immer wieder verworfen, es könnte ja noch besser und preiswerter kommen. Nun aber schlug die Stunde des Zugreifens. Endlich wurden der neuseeländische Jadeschmuck und die Maori-Masken erworben. Schließlich will man doch zu Hause eine bleibende Erinnerung an diese Traumreise haben und seinen Kindern etwas mitbringen. Nach all den „Anstrengungen“ kehrten wir abends in einem indischen Restaurant ein. Propre voll und erstklassisches Dinner.
Nach einem Stadtbummel am Vormittag wollten wir nach Akaroa, dem netten kleinen blumengesäumten Städtchen mit der lieblichen Uferstraße fahren. Als wir ca. 400 m von der Christ Church Cathedral Richtung Süden fuhren, fing Herbert urplötzlich an wie ein Rodeo-Pferd auszuschlagen. Von rechts nach links, von links nach rechts schwankte er dermaßen – wir hatten Angst er kippt um -, dass ich ihn nur mit allergrößter Mühe in Zaum halten konnte. Ich kam mir vor wie auf hoher See. Wie ein Blitz durchfuhr es mich, ich dachte alle vier Räder seien nacheinander geplatzt oder ist es soweit, dass ich die Hauptrolle in dem Film „Mein Infarkt“ spielen muss? Als Regine und ich die anderen Autos ebenso stark schwankend sahen und die ersten Steine der Häuser auf die Straße stürzten, wussten wir augenblicklich: hier bebt die Erde – aber gewaltig!
Jetzt nur eins: weg von Gebäuden und Bäumen, dann augenblicklich stoppen. Als wir links einen einigermaßen „sicheren Platz“ gefunden hatten, mussten wir kreidebleich mit ansehen, wie aus den vielen Rissen im Straßenbelag das Wasser herausschoss. Von einem älteren Gebäude fielen Teile des Dachgeschosses nach unten, Bäume schwankten und die Straßen waren augenblicklich mit Schlammwasser bedeckt. Es war ein Horrorszenario.
Chaos überall. Sirenengeheul erfüllte die Stadt. Wir waren schockiert und ratlos. So blitzartig das Beben kam, so schnell war es zu Ende. Wir fuhren langsam weiter, wollten raus aus der Stadt. So groß das Chaos auch war – überall die Straßen überschwemmt, Mauern eingestürzt und Dächer zusammen gebrochen – so besinnlich verhielten sich die Menschen. Erstaunlich. Man merkte irgendwie, die Leute scheinen diese Ausnahmesituation nicht das erste Mal erlebt zu haben.
An einer Tankstelle fragten wir einen Kiwi um Rat. Weiter in Richtung der Halbinsel Akaroa oder umdrehen und zurück nach Christchurch auf dem Top 10 Holiday Park fahren. Er riet uns zurück zu fahren. Wir brauchten für 6 km knapp 3 Stunden. Fast alle Geschäfte und alle Tankstellen waren wegen Stromausfall geschlossen. In den kleinen Geschäften roch es schon unangenehm. Immer wieder sahen wir Steinschutt auf den Straßen und Löcher im Asphalt. Ein großes Haus aus Ziegel hatte den Dachbereich verloren und die Außenwände schienen jeden Moment einzustürzen. Es war der blanke Horror.
Da wir am Nachmittag eigentlich groß einkaufen wollten, waren unsere Vorräte erschöpft. Sei’s drum morgen früh ziehen wir den nachmittäglichen Kaffee mit Keks eben vor. Nur gut, wir haben noch etwas Gas für restliche Nudeln und geizen damit wie die Schotten.
Im Internet erfuhren wir am Abend: mindestens 70 Menschen tot, 300 vermisst, daqs Beben hatte auf der Skala einen Wert von 6,3 und der Turm der Cathedrale, den wir 30 Minuten vor dem Beben fotografierten, ist eingestürzt. Ausnahmezustand, Sperrung des Airports und der Innenstadt waren nur logische Folgen. Zur Ruhe kamen wir diese Nacht nicht, denn immer wieder gab es Nachbeben mit unterschiedlichen Stärken.
Am nächsten Morgen überall Menschen mit hängenden Gesichtern, keiner wusste wie es weiter geht. Alles versammelte sich vor dem Fernseher und verfolgte gespannt die News und Bilder. Alle, die wie wir da im Campground standen, hatten eines: eine Riesenportion Glück. Wenn wir bedenken, dass wir 12:46 Uhr am Vortag noch unseren
Camper von der Colombo-Street wegfuhren und diese nach dem Beben 12:53 Uhr einer Katastrophe glich, dann hatten wir wohl wirklich nicht nur einen Schutzengel zur Seite…
Am Nachmittag beschlossen wir, die kurze Stecke zum Pazifik zu nehmen.
Als wir 900 m vor dem Strand Autos im Asphalt stecken sahen, wollten wir umdrehen und steckten urplötzlich selbst mit dem Hinterrad im Belag. Viele Stellen unter der Straße waren ausgehöhlt, man sah es einfach nicht.
Wir ärgerten uns über unsere Dummheit, denn die zahlreichen Nachbeben hatten nochmals den Fahrspuren enorm zugesetzt. Da kam uns überraschend ein freundlicher Kiwi zu Hilfe und zog uns mit seinem Jeep aus dem Schlamassel. Danke.
Daraufhin beschlossen wir, zeitig am nächsten Morgen zum Airport zu fahren, denn wer weiß über welche Straßen die 10 km dahin führen. Wir hatten zwar Abenteuer gebucht, aber das war dann doch zu viel. In einem Fernsehbericht sprach ein Betroffener und sagte: “Was ist schon der Verlust meines Hauses, in der Nebenstrasse hat ein Mensch sein Leben verloren.” Wir nahmen uns vor, das Glück was uns zuteil wurde, den Menschen in Christchurch wenigstens in Form von Spenden zurück zu geben.
Glücklich und ohne Pannen kamen wir am Airport an. Die Camper-Übergabe klappte problemlos und ging zügig vonstatten. Wir verabschiedeten uns vom gutmütigen Herbert, der uns trotz seines hohen Alters gute Dienste geleistet hatte. Dann ging’s mit „Emirates“ endlich und für uns bei diesen chaotischen Verhältnissen kaum vorstellbar nach Sydney, doch das ist eine weitere Geschichte.
Unsere hohen Erwartungen von Aotearoa – dem Land der weißen Wolke – wurden bei weitem übertroffen. Wir hatten uns vorgenommen, einmal im Leben ans “Ende der Welt“ zu reisen und die liebliche zugleich raue Schönheit des Landes hautnah zu erleben. So vielfältig die Natur diese beiden Inseln gestaltet hat, so breit ist die Palette der Aktivitäts-Offerten. Traumstrände wechseln sich ab mit wilden rauen Küsten, üppige Regenwälder werden von Gletschern aufgerissen und Seenlandschaften sind so lieblich wie die Fjorde imposant sind. Neuseeland ist aber auch ein Land, das seinen Gästen vielfältige Möglichkeiten der Betätigung bietet. Für Nervenkitzel ist beim Bungeespringen, Jetboatfahren, Diving oder Paragliding gesorgt. Wer es gemütlicher mag, der kommt beim Wandern, Kajakfahren, Fishing oder Sonnenbaden bestimmt auf seine Kosten. Auch sonst verläuft das Leben hier in ruhigeren Bahnen. Genau unser Ding!
Wenn man uns fragen würde, ob sich ein Besuch Neuseelands lohnt, dann würden wir sicherlich uneingeschränkt diese Frage mit ja beantworten. Ich denke, dass haben Sie beim Lesen des Berichtes mit Sicherheit gespürt. Für diejenigen, die vielleicht eine derartige Reise planen sollten, folgen noch ein paar Tipps:
Tipps:
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Beste Reisezeit sind Januar und Februar. Man sollte mindestens vier Wochen für beide Inseln einplanen. Heben Sie pro Insel immer einen Tag für eventuelle Zwischenfälle auf. Es muss ja nicht immer gleich ein “earthquake” sein.
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Planen Sie Ihre Tour so, dass pro Tag max. 200km zwischen zwei Attraktionen liegen, sonst sind die Höhepunkte nur schwarzer flimmernder Asphalt und nicht die wunderschöne, abwechslungsreiche Natur.
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Mit den Übernachtungen hielten wir es so: Alle zwei Tage suchten wir einen “Top 10 Holiday Park” (Membercard 10% Rabatt) auf, die über ausgezeichneten Komfort verfügen. Die andere Zeit nutzten wir Stellplätze am Meer, Wald oder auf Parkplätzen.
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Kreditkarten oder EC-Karten sind in Neuseeland an Bankautomaten nutzbar. Es ist jedoch ratsam, auch etwas Bargeld (NSD) dabei zu haben. Wir waren froh, nach dem Erdbeben mit Chash bezahlen zu können. Mit Cards hatte man an stromlosen Kassen schlechte Karten.
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Es ist absolut ratsam ein Navi mitzunehmen und sich in Neuseeland einen Internetstick bzw. eine “Prepaid Mobil Broadband Kit” zuzulegen. Wir hatten das Paket für 99,-NSD bei “Telecom” erworben. Das Paket beinhaltet 30,-NSD für die Volumendaten und das ist für vier Wochen im Normalfall völlig ausreichend. Überraschenderweise hatten wir auf all unseren Stationen Empfang (in der Wildnis nicht!). Mit Hilfe der e-mail kann man Attraktionen oder Campsite vorbuchen.
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Dumpen ist grundsätzlich an Tankstellen möglich. Wir haben oft bei “Pack’n and Save” preiswert eingekauft und uns immer einen Petrol-Discount für BP oder andere aushändigen lassen.