Ziege als Präsident

Ziege als Präsident

Bericht vom Blog: Ganz Rechts Unten

Spätestens nach den rauchenden Landschaften und dampfenden Matschgruben von Rotorua oder den roten-schwarzen Steingebilden mit den türkisblauen Seen des Tongarirocrossings bin ich überzeugt, dass die Nordinsel auf ihre Art genau so bezauzaubernd ist, wie die Südinsel Neuseelands. Die Highlights der Natur sind hier vielleicht sogar etwas extremer, dafür ist die Landschaft über weiter Strecken nicht so abwechslungsreich. Fuhr man auf der Südinsel alle 100 Meter (übertrieben) in ein neues Gebiet, das einem anderen Land gleicht, ist die Landschaft auf der Nordinsel hauptsächlich durch grüne abgeholzte Hügel geprägt. Die Hügel mit ihren witzigen Formen und den hunderten weißen Schafen drauf haben auch ihren Reiz, jedoch werden lange Strecken etwas eintönig und man freut sich, wenn man den Zielort erreicht hat. Außnahmen stellen hierbei die Küstenfahrten mit den tollen Stränden dar. Sehenswürdigkeiten sind hier im Norden auch stärker erschlossen und können manchmal ohne Eintrittsgeld nicht besucht werden.

Nach der anstrengenden, aber „beste Wanderung ever“, Tongariro Crossing checkten wir in eine „Skihütte“ in „National Park“ (der Ort heißt wirklich so) mit Blick auf den bezwungenen Berg ein, ein uriges Hostel, dass vorallem auf die Wintergäste ausgelegt ist. Wir wollten einen Tag entspannen und wieder etwas Arbeit in den Blog investieren. Der zusätzliche Tag half uns, zu entspannen und neue Kraft für die weitere Reise zu sammeln. Vor uns lag eine wirklich interessante Strecke an der Westküste entlang: der Fortotten World Highway. Wie der Name schon sagt, scheint dieses Stückchen ein wenig in der Zeit stehen geblieben zu sein. Die DOC-Schilder auf der z.T. schotterigen gewundenen Straße sind noch die alten grünen schmalen Hölzer mit den eingeschnitzten gelben Namen der angepriesenen Sehenswürdigkeit. Auch schien oft gar keine Straße mehr dorthin zu existieren oder schon zugewuchert zu sein. Im berühmten Whangamomona, ein kleines Dorf, dass sich entschieden hat, eine eigene Republik zu werden, weil es nicht den Landkreis wechseln wollte: So ganz ernst werden Wahlen hier wohl nicht genommen, so war der gewählte Präsident z.B. eine Ziege oder ein Hund. Wir leisteten uns einen kleinen Imbiss im Whangamomona Hotel, dass gleichzeitig auch das Hauptgebäude der Republik ist. Hier kann man sich einen Personalausweis machen lassen und die wenigen Einheimischen kennenlernen. 

Nach dem Forgotten World Highway ging es direkt auf den Mount Taranaki zu, der etwas abgelegen von seinen Artgenossen an der Küste emporragt. Die Maori sagen ihm eine Liebesbezehung mit einem anderen Vulkan im Landesinnere nach, die jedoch schief lief, so das er hierher flüchtete und durch die ständigen Wolken um seine Spitze die Trauertränen verdeckt. Tatsächlich denkt man, der Berg an sich raucht, denn ist der Himmel noch so blau, an der Spitze hängen immer ein paar Wolken herum. Auf der anderen Seite des Volkanes befindet sich New Plymouth, wo wir auf der Campingfläche des BBH-Hostels „Ecmont Eco Leisure Lodge“ Freunde wiedertrafen. Die Sonne schien wieder kräftig und wir legten uns auf den Rasen, um die nächsten zwei Tage zu planen. Einziger fester Tagesordnungspunkt war das Jack Johnson Konzert am nächsten Abend. Wir gingen einkaufen, aßen superleckere Nudeln, Pizza, Frühstück und so weiter. Das kulinarische Highlight waren jedoch die Plätzchen: In 4 Stunden verbackten wir ein Kilo Mehl, 500g Butter (… den Rest der Zutaten lass ich mal weg, aber es wird nicht magerer). Neben kreativen Gebilden, wie die Nord- und Südinsel Neuseelands legten wir irgendwann nicht mehr ganz so viel Wert auf das Aussehen und produzierten viele Bleche mit Rauten, Vierecken und Dreiecken. Wir dachten, die vielen Tupperdosen würden bis Weihnachten halten (in echt: 4 Tage). Am Abend ging es dann wie geplant auf das lange erwartete Konzert. Um halb sechs war bereits Einlass. Wir beeilten uns nicht zu sehr, weil wir eh nicht ganz vorn stehen wollten. Als wir ankamen, ähnelte die zur Bühne abfallende Wiese einem großen Sit-In. Die Besucher hatten ihre Decken, Campingstühle (obwohl auf der Eintrittskarte eindeutig verboten), Kühlboxen und Babys dabei. Bis vor zur Bühne hätte es noch ausreichend Sitzfläche gegeben. Wir wollten aber noch die Sonne genießen, so lange sie noch zwischen den Bäumen hindurch schien und setzten uns an den eine Mauer am Rand der Rasenfläche. Zwei Vorgruppen spielten in einigem Abstand, bis es dunkel wurde. Die Bühne steht hinter einem breiten ruhigen Fluss, der gleichzeitig die Menschen fern hält. Hinter der Bühne beginnt ein Wald, in dem einige Bäume beleuchtet wurden und sich so im Dunkeln im Fluss spiegelten – sehr schön! Irgendwann kam dann Mr. Jack Johnson auf die Bühne und legte mit einem „aloha“ gleich los. Auch danach wurde er nicht sonderlich gesprächig und warf zwischen seinen Lieder höchstens mal ein „Kia Ora“ ein. Die Musik war sehr gut abgemischt, so dass es sich fast wie von einer CD anhörte. Einzige Blickfang waren die schönen Landschaftsbilder, die über Rückprojektion auf die Leinwand hinter ihm gezeigt wurden. Der Höhepunkt der Show war ein Akordeonspieler, der sich in ein kleines Boot setzte und von den Securitymännern zu den Fans vor geschoben wurde und als 2 Fans es über den See bis an die Bühne schafften und J.J. sie dafür mit einem Handdruck belohnte (Was zur Folge hatte, dass es am Ende mehrere Fans auch versuchten). Mit insgesamt nicht mehr als 5 Sätzen verabschiedete sich Jack Johnson wieder, nachdem er alle bekannten und z.T. nicht so bekannten Songs gesungen hat. Die Musik war wunderschön, vorallem, als er die Zugaben ganz alleine, nur mit seiner Gitarre spielte. Ein bisschen mehr „Show“ hätte ich mir schon vorstellen können. Dafür ist seine Tour „CO2-Neural“ und 100% der Einnahmen gehen an lokale Organisationen, die den Naturschutz unterstützen.

Am nächsten Tag trödelten wir rum und nutzten die Abwesenheit der Hostelbesitzer aus, so dass wir uns erst am Nachmittag, nach ausgedehntem Frühstück und Mittagessen, in Bewegung setzten. Noch nicht bereit, uns zu trennen und da es ja auch schon spät war, zeigten uns unsere Freunde einen kostenlosen Ort zum campen - gegenüber von einem unter der Woche verlassenem Cafe direkt am Strand, 40 Minuten nördlich von New Plymouth. Der Strand direkt vor der Haustür hatten schwarzen vulkanischen Sand, der glitzerte - was uns begeisterte.

Am nächsten Morgen hielten wir noch kurz in der kleinen Brauerei, bevor wir wieder an der Küste entlang, nicht den großen Highway, sondern eine kleine Straße nahmen, die dem Forgotten World Highway ähnelte. Schon relativ zeitig am Nachmittag hielten wir in einem winzigen Ort, der auch wieder einen schwarzer Strand hatte, von dem aus man wohl ab und zu Delphine beobachten kann, da genau diese Delphine sich in flacherem Gewässer aufhielten. Wir sahen keine, fanden den Spaziergang an der Küste aber trotzdem schön. Wir suchten uns einen Zeltplatz, der auch eher verlassen wirkte und entspannten uns mit Klatschzeitschriften.

Am nächsten Tag weiter auf kleinen Straßen an der Küste entlang fühlten wir uns fast wie auf der Südinsel: Am Straßenrand in kurzem Abstand wurden Naturschönheiten mit jeweils nur 10 bis 15 Minuten-Walks angekündigt. So gingen wir als erstes in einen Urwald hinein, aus dem wir plötzlich auf einen kleinen Aussichtspunkt heraustraten und vor einem riesigen breiten Wasserfall standen, der in die Tiefe donnerte. Die nächste Haltestelle war eine Tropfsteinhöhle, in die ein paar Treppen hinunter führten. Hier trafen wir zwei ältere Kiwifrauen wieder, die wir schon auf dem Zeltplatz (als einzige Gäste außer uns) kennen gelernt hatten. Die beiden arbeiten jedes Jahr in der Kiwisaison, um danach in der Welt rumzureisen. Ihr eigenes Land hatten sie jedoch noch nicht gesehen, was sie dieses Jahr nachholten. Die beiden hatten glücklicherweise eine Taschenlampe dabei, die wir im Auto vergessen hatten. Weiter ging es zur „Natursteinbrücke“: An einem Fluss mit steilem Felsen an der Seite entlang gelangt man nach ein paar Minuten zu einem hohen Tunnel in einer der Felswände, durch die sich der Fluss einen Weg gegraben hat. An der Decke hängen stalaktitenähnliche Gebilde, die sich durch Regenwasser gebildet haben.

Die nächste Atraktion auf der Strecke wären die Waitomo Caves gewesen: Glühwürmchenhöhlen durch die man im Gimmireifen driften kann. Dieses Abendteuer war uns aber zu teuer. Stattdessen gaben wir ein bisschen Geld bei einem Gemüsegeschäft am Straßenrand aus, das unschlagbare Angebote für frische Erdbeeren, Avocados, Bananen und andere Früchte hatte. Außerdem aßen wir noch ein Neuseeland-typisches Realfruit-Eis mit frischen Erdbeeren bzw. Himbeeren. HMMMM lecker!

Richtung Kawhia ging es weiter, die nächste kleine Straße rein in Richtung Raclan. Auf 25 km Schotterpiste entdeckten wir noch einmal eine Sehenswürdigkeit im Wald: Den Bridal Fall, ein ganz schmaler Fluss, der 50 Meter hinunterfällt und dabei von der Seite wie ein Brautschleier aussieht. Ein schöner Abschluss eines Tages mit vielen kleinen Wegen und Naturwundern...

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